Das Team Schmerzsprechstunde mit Dr. Barbara Rupnik, Dr. Konstantinos Kalimeris, PD Dr. Stephan Blumenthal und Dr. Harald Kirchmair bietet modernste Diagnose- und Therapieformen. Im Interview erklären die Spezialisten, wie nach einer genauen Anamnese Patientinnen und Patienten in eine erfolgreiche Behandlung involviert werden.
Mit welchen Beschwerden und Krankheitsbildern kommen die Menschen zu Ihnen in die Schmerzsprechstunde?
Aus verschiedenen Untersuchungen ist bekannt, dass mindestens 10% der Bevölkerung an Schmerzen leiden, die länger als drei Monate bestehen. Diese Schmerzen werden als chronische Schmerzen klassifiziert und in der modernen Medizin durch Fachspezialisten in einer eigenen Schmerzsprechstunde behandelt. Häufige und typische Beschwerden, welche Patienten in eine Schmerzsprechstunde führen, sind Rückenschmerzen, muskuloskeletale Schmerzen, Schmerzen nach Verletzung eines Nervs, Schmerzen wegen Diabetes oder Herpes, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und anhaltende Schmerzen nach Operationen oder bei Tumoren. Leider gibt es auch Schmerzsyndrome, deren Ursache mit allen heute zur Verfügung stehenden diagnostischen Mitteln nicht befriedigend eruiert werden können.
Wie hat sich Ihr Angebot mit der modernen Schmerztherapie verbessert?
In den letzten Jahren hat die Forschung dazu beigetragen, dass viele Aspekte chronischer Schmerzen besser verstanden werden. Dies führt einerseits dazu, dass verschiedene, schon lange angewendete Therapien sich zunehmend auf eine breite Evidenz abstützen. Andererseits konnten dadurch aber auch neue Therapieformen etabliert werden. Wichtig ist, dass sich eine moderne Schmerztherapie, wie wir sie anbieten, initial auf die Abklärung der Ursache der Schmerzen fokussiert. In einem nächsten Schritt folgt die Besprechung der verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten mit den Patienten. Neben unterschiedlichen medikamentösen Therapieoptionen sind heutzutage auch gezielte minimal-invasive Interventionen und Infiltrationen mittels Bildgebung wichtige Bausteine einer Schmerztherapie. Dann ist die Anwendung des Ultraschalls ein grosser Fortschritt, der uns in vielen Situationen ein Arbeiten ohne Strahlenbelastung ermöglicht. Durch unsere langjährige Erfahrung mit Ultraschall-gesteuerten Blockaden ist die erfolgreiche Analgesie von vielen schmerzhaften Strukturen, wie einzelnen Nerven und kleinen Muskeln, möglich, was früher nicht mit derselben Präzision durchgeführt werden konnte.
Einerseits sind die Anamnesen und Behandlungen präziser, andererseits aber auch die Erwartungen an eine Behandlung realistischer.
Tatsächlich hat sich den letzten Jahren auch klar gezeigt, dass wir als Schmerztherapeuten den Patienten oder die Patientin ganzheitlich in unsere Behandlungsüberlegungen einbeziehen müssen. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus modern und sinnvoll, wenn wir in unserer Schmerzsprechstunde nach einem „bio-psycho-sozialen“ Therapiekonzept arbeiten. Schlussendlich wissen wir aus vielen neueren Studien, dass wir mit den Patienten einerseits klare Therapieziele vereinbaren müssen, diese aber unbedingt realistisch sein sollen. So wird heute keine Schmerzfreiheit mehr versprochen, sondern eine Reduktion der Intensität der chronischen Schmerzen um 30% wird als Erfolg bewertet.
Sie arbeiten interdisziplinär mit anderen medizinischen Disziplinen zusammen. Wie müssen wir uns das konkret vorstellen?
Weil chronische Schmerzen sehr unterschiedliche Ursachen haben können, ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachspezialisten für uns Schmerztherapeuten äusserst wichtig.
«Aus all dem Erwähnten ist ersichtlich, dass wir unser Ideal einer ganzheitlichen Schmerztherapie mit einem bio-psycho-sozialen Behandlungsansatz mit vollem Engagement anstreben.»
Was kann ein Patient von einer Schmerzbehandlung erwarten?
Primär eine professionelle Untersuchung und Abklärung ihrer Schmerzproblematik. In diesem Prozess sind manchmal weitere Untersuchungen nötig, wie zum Beispiel ein spezifisches Röntgenbild. Sobald wir Schmerzspezialisten uns an den möglichen Ursachen orientiert haben, werden wir die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten mit den Patienten besprechen und das weitere Vorgehen erklären.
Mögliche Behandlungsformen sind die Applikation lokaler oder systemischer Medikamente, Infusionen von speziellen Schmerzmitteln, welche die Schmerzwahrnehmung ändern oder – wie oben beschrieben – gezielte Infiltrationen mit Betäubungsmitteln und/oder Steroidpräparaten.
Wenn die Ursache der Schmerzen schwierig zu eruieren ist, empfehlen wir diagnostische Infiltrationen mit dem Ziel in aufeinanderfolgenden Sitzungen einzelne Nerven oder Muskeln zu betäuben. Dadurch lässt sich herausfinden, welche Struktur die Schmerzen verursacht, was wiederum eine gezielte Therapie ermöglicht.
Für uns ist es auch sehr wichtig, die Patienten aus einer passiven Rolle als Empfänger von Therapien herauszuholen. Die durch uns allenfalls erreichte Linderung der Schmerzsymptomatik soll es ermöglichen, dass die Patienten durch gezielte Trainingsübungen aktiv an einer Besserung ihrer chronischen Schmerzen teilhaben. Deshalb beziehen wir häufig und früh die Physiotherapeutinnen und –therapeuten in die Behandlung mit ein.
Welche Spezialgebiete decken Sie im Schmerz-Team ab?
Unsere Ärzte haben einerseits grosse Erfahrung in der Pharmakologie unterschiedlicher Analgetika und können somit häufig sinnvolle Anpassungen einer medikamentösen Therapie vorschlagen. Die oft langsame und behutsame Titration und Dosisfindung von oralen Medikamenten muss mit den Patienten besprochen und schriftlich festgehalten werden.
Ein weiteres Spezialgebiet ist die Verabreichung von verschiedenen Infusionstherapien in einem Umfeld mit professionellen Überwachungsmöglichkeiten. Diese Infusionen dauern etwa eine Stunde und können bei bestimmten Arten von chronischen Schmerzen eine deutliche Verbesserung bewirken.
Unser Team hat zudem langjährige vertiefte Erfahrung in der Anwendung von Ultraschall-gesteuerten Blockaden von Nervenstrukturen und Muskeln. Der grosse Vorteil des Ultraschalls ist die präzise Applikation von Medikamenten in der direkten Nähe der gewünschten Strukturen, ohne dass die Patienten einer Strahlenbelastung ausgesetzt werden. Für die Betäubung tiefer Strukturen im Bereich der Wirbelsäule kann die Anwendung von Röntgenstrahlen im Operationsaal nötig sein.
Schlussendlich ermöglicht unser interdisziplinäres Spitalsetting, dass wir jederzeit niederschwellig die Expertise unserer Kolleginnen und Kollegen anderer Disziplinen beiziehen können. Aus all dem Erwähnten ist ersichtlich, dass wir unser Ideal einer ganzheitlichen Schmerztherapie mit einem bio-psycho-sozialen Behandlungsansatz mit vollem Engagement anstreben.
Das Team im Spital Herisau
PD Dr. med. Stephan Blumenthal, Departementsleiter und Chefarzt Departement Anästhesiologie SVAR Facharzt FMH für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Fähigkeitsausweis interventionelle Schmerztherapie SSIPM
Dr. med. Barbara Rupnik, Oberärztin mbF
Departement Anästhesiologie SVAR Fachärztin FMH für Anästhesiologie
Dr. med. Konstantinos Kalimeris, Oberarzt mbF
Departement Anästhesiologie SVAR Facharzt FMH für Anästhesiologie
Das Team im Spital Heiden
PD Dr. med. Stephan Blumenthal, Chefarzt Anästhesie Spital Heiden
Leiter Departement Anästhesie SVAR
FA interventionelle Schmerztherapie (SSIPM
Dr. med. Harald Kirchmair, Facharzt für Anästhesiologie
FA interventionelle Schmerztherapie (SSIPM) FA manuelle Therapie (SAMM) Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht
Wie können Patienten in die neue Schmerzsprechstunde im SVAR angemeldet werden?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um in Kontakt mit unserer neu aufgebauten Schmerzsprechstunde zu treten:
Auf jeden Fall organisieren wir den Patienten einen zeitnahen Termin in der Sprechstunde. Ausserdem garantieren wir den Hausärzten jeweils eine rasche schriftliche Rückmeldung zu Diagnose, Therapie und Procedere.